Über steigende Lebenshaltungskosten, Forderung nach Preisobergrenzen für Grundnahrungsmittel, Corona, territorialen Beschäftigungspakt, Forderung nach ÖBB-Planung für eigene Güterbahntrasse. Im Gespräch mit Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser.
Inflation, massive Preissteigerungen bei Lebensmitteln, Sprit, Strom, hohe Wohnkosten. Viele wissen nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen. Mit welchen Maßnahmen steuert Kärnten dagegen?
KAISER: Wir helfen zielorientiert jenen Menschen, die unsere Hilfe am dringendsten benötigen. Dafür steht auch der erst kürzlich auf meine Initiative hin beschlossene Kärnten-Bonus für rund 50.000 Kärntner Haushalte. Ab Juli werden dann nach entsprechendem Ansuchen 200 Euro überwiesen. Dazu gibt es für die besondere Zielgruppe eine Reihe von Maßnahmen, die auch ineinander greifen. Dazu zählt bei der Wohnhilfe beispielsweise die Ausweitung des Bezieherkreises durch Anheben der Einkommensobergrenze. Dasselbe gilt für den Heizkostenzuschuss, der zweimal erhöht wurde. Das sind wirksame Maßnahmen gegen die Teuerung. Ganz wichtig ist uns, dass die Kinder nicht zu den am schlimmsten Betroffenen gehören. Das Erreichen wir mit Anpassungen des Kinderstipendiums bis zum kostenlosen Besuch der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen ab 1. September. Das Unterstützungspaket wird durch die Familiencard abgerundet, mit der es kostenlos Nachhilfe gibt.
RASCHE HILFE FÜR NEUE EXISTENZ
Krieg in Europa, viele Ukraine-Vertriebene sind auch bei uns gestrandet. Inwieweit wirkt sich der Krieg auf Kärnten aus, auch was die nächsten Monate betrifft?
Es geht jetzt darum, dass den Vertriebenen in Zusammenarbeit mit karitativen Organisationen – auch in enger Kooperation mit dem AMS – rasch geholfen wird, damit sie sich eine Existenz aufbauen können, aber auch im Wissen, dass viele, wenn endlich Frieden einkehren sollte, wieder in ihre Heimat zurückkehren wollen. Große Hilfe wird die Ukraine auch beim Wiederaufbau benötigen. Darüber habe ich mit dem ukrainischen Botschafter bereits Gespräche geführt.
„WIR SOLLTEN GELERNT HABEN“
Für Herbst wird eine weitere Corona-Welle prophezeit. Haben wir von den vorherigen Krisen gelernt?
Wir sollten in Nachbetrachtung und dem erworbenen Wissen aus der Vergangenheit gelernt haben, dass wir gut vorbereitet sein müssen. In Kärnten gibt es laufend Abstimmungen zwischen Politik und Experten und Expertinnen. In dieser Hinsicht möchte ich auch darauf hinweisen, dass jede und jeder die Möglichkeit hat, sich selbst bestmöglich zu schützen – mit Impfung, Hygienemaßnahmen oder FFP2-Masken. In Kärnten beklagen wird bis jetzt 1620 Menschen, die an oder mit COVID verstorben sind. Rund 95 Prozent davon waren älter als 60 Jahre. Das heißt, diese Gruppe sollte verstärkt darauf schauen, dass sie sich auch eigenverantwortlich gut schützt.
TERRITORIALES BESCHÄFTIGUNGSPAKET
Der Fachkräftemangel nimmt zu, das Gastgewerbe sucht händeringend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, viele Betriebe stehen vor enormen Herausforderungen. Wie kann sich hier das Land zur Lösung des Problems einbringen?
Faktum ist, dass wir in allen Bereichen einen Arbeitskräftemangel haben. Wir haben die höchste Beschäftigungsquote und die geringste Arbeitslosequote. Aber es reicht nicht. Mit dem gemeinsam von Land und AMS ausgearbeiteten territorialen Beschäftigungspakt werden wir in engster Kooperation mit allen Sozialpartnern alles offensiv tun, um zielgerichtet Menschen mit arbeitskräftesuchenden Unternehmen zusammenzubringen.Auch sollen Aufstockungen von Teilzeit- zu Vollzeittätigkeiten erreicht werden und gleichzeitig die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet sein. Dazubauen wir das Kinderbildungs- und betreuungsangebot im Bereich Kindergarten-Krabbelstuben konsequent weiter aus. Wir werden aber zusätzlich für Arbeitskräfte aus dem Ausland attraktiv sein müssen, um dem Bedarf nachzukommen und damit letztlich auch unser aller Wohlstand zu sichern.
„Bei unvertretbaren Teuerungen müssen Grundnahrungsmittel preisgeschützt werden.“
LH Dr. Peter Kaiser
PREISOBERGRENZE FÜR NAHRUNGSMITTEL
Ihre Gesinnungsgemeinschaft hat Preisobergrenzen für Grundnahrungsmittel gefordert. Wie sehen Sie, wie stehen Sie zu dieser Forderung?
Diese Forderung stammt ja von mir. Es geht darum, dass Grundnahrungsmittel bei unvertretbaren Teuerungen preisgeschützt sein müssen. Wenn es anders nicht geht, muss eine amtliche Preisobergrenze gesetzt werden.
„MANCHMAL EINZELNE MUSKELSPIELE“
Die SPÖ regiert ja in Koalition mit der ÖVP. Sind Sie mit der Zusammenarbeit zufrieden oder besteht noch Luft nach oben – wenn ja, in welchen Bereichen?
Luft nach oben gibt es immer. Ich denke, dass die Zusammenarbeit in einer nicht leichten Zeit in Summe als positiv bewertet werden kann. Dass es manchmal einzelne Muskelspiele gibt, ist auch dem geschuldet, dass wir zwei unterschiedliche Parteien sind, die jeweils ihre Schwerpunkte vertreten.
„KÄRNTEN IST IN DIESER FRAGE GEEINT“
„Lärm ist eine Geißel unserer Zeit“, heißt es. Mit Inbetriebnahme des Koralmtunnels wird sich das Lärmaufkommen noch steigern. Mit welchen Maßnahmen sehen Sie die Lösung des Problems?
Es gibt verschiedenste Lösungsvorschläge, wir verhandeln in Permanenz. Kärnten ist in dieser Frage über alle politischen Lager hinweg geeint. Wir fordern, dass im ÖBB-Rahmenplan die Planung für eine eigene Güterbahntrasse durch den Kärntner Zentralraum aufgenommen wird! Diese Forderung wurde von mir dieser Tage auch während einer Präsentation lärmarmer und lärmgedämpfter Waggons mit entsprechendem Nachdruck deponiert. Das wollen wir mit den Bürgerinitiativen und politischen Vertretungen unseres Landes bei einem Gespräch mit der zuständigen Ressortministerin (Anm.: BM Leonore Gewessler) noch einmal deutlich machen.
„ICH MÖCHTE KEINEN WAHLKAMPF“
Ihre Perspektive für unser Bundesland bis zu den Landtagswahlen im März 2023?
In Zusammenarbeit der beiden Koalitionsparteien wurde das Regierungsprogramm eigentlich zur Gänze abgearbeitet. Was jetzt noch offen, aber kurz vorm Abschluss ist, ist die hundertprozentige Refundierung der Kinderbildungs- und -betreuungsbeiträge, die ab 1. September wirksam wird. Es konnten sogar Akzente über das Regierungsprogramm hinaus gesetzt werden, beispielsweise mit der Schaffung der Gustav-Mahler-Privatuniversität. Wir versuchen darüber hinaus, mit neuen Impulsen vor allem Zukunft zu generieren, mit Fokussierung auf Kinder, das Wichtigste in einer Gesellschaft. Wir wollen mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen die kinder- und familienfreundlichste Region Europas werden, was mit internationalen Awards und Preisen bereits sichtbar wird. Wir befinden uns in einer der wahrscheinlich schwierigsten Perioden der vergangenen acht Jahrzehnte. Deshalb gilt es, auf das Gemeinsame, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu bauen.