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Freitag, 27. Dezember 2024

Unabhängiges Stadt-Umland-Magazin

Menschen im Gefängnis: Abbild unserer Gesellschaft

Die Chancen der Inhaftierten im Strafvollzug. Im Gespräch mit Oberst Ing. Josef Gramm, Leiter der Justizanstalt Klagenfurt.

Was sind Ihre Aufgaben als Gefängnisleiter?
GRAMM: Zum einen habe ich mich um etwa 500 Menschen zu kümmern, und zwar vor und hinter den Mauern. Nachdem die Tätigkeiten, die jede oder jeder einzelne der 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu leisten hat, sehr fordernd ist, ist es zum anderen überaus wichtig, die Arbeitsplätze entsprechend gesund zu gestalten. Dazu kommt der gesellschaftliche Auftrag, den Aufenthalt der Menschen bei uns bestmöglich für Interventionen zu nützen, damit sie nach der Haft befähigt sind, ein möglichst straffreies Leben zu führen. Das ist für uns ein sehr wichtiges Ziel.
Wie viele Gefangene beherbergt derzeit das Gefängnis?
Derzeit sind wir komplett ausgelastet. Hier im Haupthaus, im Zentrum der Stadt, halten sich derzeit rund 280 Menschen auf. In der Außenstelle Rottenstein bei St. Georgen am Längsee sind 42 Häftlinge mit den verschiedensten Arbeiten beschäftigt. Etwa 40 Menschen befinden sich über Fußfesseln unter elektronischer Aufsicht.

ARBEIT UND BESCHÄFTIGUNG
Wie werden die Insassen beschäftigt?
Da haben wir eine Reihe von Möglichkeiten. Menschen mit qualifizierter Ausbildung arbeiten in unseren Betrieben, Werkstätten, der Schlosserei, Tischlerei oder Wäscherei. Wir sind sozusagen Selbstversorger. Das heißt, wir kaufen das Nötige ein und stellen mit den Inhaftierten unsere Verpflegung in unserer Küche selber her. Menschen, die keinen Beruf erlernt haben, keinen Schulabschluss besitzen oder über keine qualifizierte Ausbildung verfügen, führen einfachere Tätigkeiten für externe Unternehmen aus. Wir unterscheiden zwischen Arbeit und Beschäftigung: Wer arbeiten kann, produziert etwas oder erfüllt Dienstleistungen. Ein Großteil unserer Klienten ist beschäftigt. Sie durchlaufen spezifische Programme.

VOM HENDLDIEB BIS ZUM MÖRDER
Welche Arten von Strafen werden hier abgesessen?
Der überwiegende Teil unserer Gefangenen sind U-Häftlinge, also Menschen, die noch nicht verurteilt sind, und Personen, die eine kurze Strafe zu verbüßen haben. Der Bogen spannt sich dabei – unser Sprengel umfasst Kärnten und Osttirol – vom Hendldieb bis zum Mörder. Sie bleiben bis zur Verurteilung in der Justizanstalt Klagenfurt, also maximal 18 Monate. Die meisten der Delikte sind nicht so schwerwiegend. Bei Gewaltdelikten bis zum Mord, wenn es um zehn, 15 oder 20 Jahre Haftzeit geht, werden die Straftäter nach ihrer rechtskräftigen Verurteilung in Vollzugsanstalten wie Karlau, Stein oder andere verlegt.

„EIN ABBILD UNSERER GESELLSCHAFT“
Im aktuellen Regierungsprogramm ist wiederholt von „modernem Strafvollzug“ die Rede. Welche Ziele und Aufgaben sind damit verbunden?
Was heißt nun modern? Das kann in Südamerika etwas ganz anders bedeuten als in Mitteleuropa. Auf jeden Fall ist der Strafvollzug ein Abbild unserer Gesellschaft. Der Vollzug hat einerseits die Aufgabe, die Gesellschaft vor Straftätern zu schützen, und andererseits die Zeit der Strafe zu nützen, auf den Häftling entsprechend einzuwirken, ihm den Unwert seiner Tat aufzuzeigen und gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass man – ein wesentlicher Teil unserer Betreuungsarbeit – in Österreich leben kann, ohne eine Straftat begehen zu müssen.

Der Gesetzgeber sieht im Strafrecht viele Alternativen vor.

Oberst Ing. Josef Gramm

NEUBAU IM NORDEN KLAGENFURTS
In den nächsten Jahren soll es in Klagenfurt zu einem Gefängnisneubau kommen. Wie ist der aktuelle Stand?
Das derzeitige Objekt stammt aus dem 19. Jahrhundert und lässt eine dringend notwendig gewordene Erweiterung nicht mehr zu. Wir können uns hier nicht ausbreiten, was für eine zeitgemäße Betreuung, Beschäftigung und Ausbildung der Menschen jedoch dringend erforderlich ist. Am Neubau führt kein Weg vorbei. Bei der Mitgestaltung war es mir sehr wichtig, mit dem Neubau – die Anlage soll nördlich des Flughafens entstehen – die Voraussetzungen für einen zeitgemäßen Strafvollzug zu schaffen. Wir rechnen bis Mitte kommenden Jahres mit einem positiven Baubescheid. Leider wurde auch dieses Projekt sozusagen Opfer der Teuerungswelle am Bau, wodurch mit Gesamtkosten von bis zu 170 Millionen Euro zu rechnen sein wird.

DER ERSTE TAG IM GEFÄNGNIS
Ich bin verurteilt und erscheine bei Ihnen zur Haftverbüßung. Wie läuft mein erster Tag ab?
Das ist in etwa wie bei der Aufnahme in einem Krankenhaus. Es werden die Personalien aufgenommen, in Erstgesprächen allfällige Probleme erörtert, es folgt eine ärztliche Untersuchung, dann wird der Klientin oder dem Klienten für die kommende Zeit ein Raum zugewiesen. Im Idealfall, also wenn jemand freiwillig erscheint und keine Fluchtgefahr besteht, kann ein gelockerter Vollzug ins Auge gefasst werden. Allerdings kommen auch Menschen, die in einem Substitionsprogramm stehen, also etwa Drogenprobleme haben. Hier gilt es, die betreffende Person zu stabilisieren. Das liegt in den Händen der Medizin und des Anstaltspsychiaters.

Am Gefängnis-Neubau führt kein Weg vorbei.

Oberst Ing. Josef Gramm

ALTERNATIVEN ZUR HAFTSTRAFE
„Strafe muss sein!“, heißt es. Oder könnte es Alternativen zur Haftstrafe geben – gemeinnützige Arbeit statt Gefängnis?
Der Gesetzgeber sieht im Strafrecht viele Alternativen vor, vor allem bei straffällig gewordenen Jugendlichen. Es geht dabei um Aus- und Weiterbildung, Beziehungsaufbau, Problemanalyse, die Rollen im sozialen Leben, Resozialisierung, familiäre und persönliche Beziehungen, auf das Unrecht der Tat hinzuweisen oder die Opferperspektive. Erst wenn alles nichts fruchtet, kommt es zur Freiheitsstrafe.

RUND 40 PERSONEN IN DER FUSSFESSEL
Schon seit etlichen Jahren gibt es in Österreich die Fußfessel. Welche Erfahrungen hat Ihre Anstalt damit gemacht?
Die Möglichkeit der elektronischen Aufsicht wird bei uns sehr stark genützt. Es macht ja Sinn. Natürlich müssen dabei bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, wie Arbeit, ein adäquates soziales Umfeld, Wohnraum, Familie, Angehörige. Deshalb wäre es ein Fehler, die Betroffenen aus ihren sozialen Settings herauszureißen und sie von ihrem gewohnten sozialen Umfeld zu entfremden. Zehn bis 15 Prozent, also etwa 40 Personen, sind bei uns, wie gesagt, in der Fußfessel. Das ist ein sehr hoher Anteil.

WERDEN MENSCHEN GEFÄHRLICHER?
Es heißt oft, das Gefängnis kann Menschen gefährlicher machen. Was antworten Sie darauf?
Ja, das stimmt. Ein Gefängnis kann Menschen gefährlicher machen – aber nur dann, wenn wir uns nicht um sie kümmern. Wenn wir sie sich selbst überlassen, kann das wegen negativer Einflüsse zu einer Eigendynamik führen. Deshalb ist es wichtig, für ihre Grundbedürfnisse über die nötigen Rahmenbedingungen zu verfügen, damit die Menschen im Strafvollzug Arbeit und Beschäftigung haben.

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Was sind Ihre Aufgaben als Gefängnisleiter?
GRAMM: Zum einen habe ich mich um etwa 500 Menschen zu kümmern, und zwar vor und hinter den Mauern. Nachdem die Tätigkeiten, die jede oder jeder einzelne der 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu leisten hat, sehr fordernd ist, ist es zum anderen überaus wichtig, die Arbeitsplätze entsprechend gesund zu gestalten. Dazu kommt der gesellschaftliche Auftrag, den Aufenthalt der Menschen bei uns bestmöglich für Interventionen zu nützen, damit sie nach der Haft befähigt sind, ein möglichst straffreies Leben zu führen. Das ist für uns ein sehr wichtiges Ziel.
Wie viele Gefangene beherbergt derzeit das Gefängnis?
Derzeit sind wir komplett ausgelastet. Hier im Haupthaus, im Zentrum der Stadt, halten sich derzeit rund 280 Menschen auf. In der Außenstelle Rottenstein bei St. Georgen am Längsee sind 42 Häftlinge mit den verschiedensten Arbeiten beschäftigt. Etwa 40 Menschen befinden sich über Fußfesseln unter elektronischer Aufsicht.

ARBEIT UND BESCHÄFTIGUNG
Wie werden die Insassen beschäftigt?
Da haben wir eine Reihe von Möglichkeiten. Menschen mit qualifizierter Ausbildung arbeiten in unseren Betrieben, Werkstätten, der Schlosserei, Tischlerei oder Wäscherei. Wir sind sozusagen Selbstversorger. Das heißt, wir kaufen das Nötige ein und stellen mit den Inhaftierten unsere Verpflegung in unserer Küche selber her. Menschen, die keinen Beruf erlernt haben, keinen Schulabschluss besitzen oder über keine qualifizierte Ausbildung verfügen, führen einfachere Tätigkeiten für externe Unternehmen aus. Wir unterscheiden zwischen Arbeit und Beschäftigung: Wer arbeiten kann, produziert etwas oder erfüllt Dienstleistungen. Ein Großteil unserer Klienten ist beschäftigt. Sie durchlaufen spezifische Programme.

VOM HENDLDIEB BIS ZUM MÖRDER
Welche Arten von Strafen werden hier abgesessen?
Der überwiegende Teil unserer Gefangenen sind U-Häftlinge, also Menschen, die noch nicht verurteilt sind, und Personen, die eine kurze Strafe zu verbüßen haben. Der Bogen spannt sich dabei – unser Sprengel umfasst Kärnten und Osttirol – vom Hendldieb bis zum Mörder. Sie bleiben bis zur Verurteilung in der Justizanstalt Klagenfurt, also maximal 18 Monate. Die meisten der Delikte sind nicht so schwerwiegend. Bei Gewaltdelikten bis zum Mord, wenn es um zehn, 15 oder 20 Jahre Haftzeit geht, werden die Straftäter nach ihrer rechtskräftigen Verurteilung in Vollzugsanstalten wie Karlau, Stein oder andere verlegt.

„EIN ABBILD UNSERER GESELLSCHAFT“
Im aktuellen Regierungsprogramm ist wiederholt von „modernem Strafvollzug“ die Rede. Welche Ziele und Aufgaben sind damit verbunden?
Was heißt nun modern? Das kann in Südamerika etwas ganz anders bedeuten als in Mitteleuropa. Auf jeden Fall ist der Strafvollzug ein Abbild unserer Gesellschaft. Der Vollzug hat einerseits die Aufgabe, die Gesellschaft vor Straftätern zu schützen, und andererseits die Zeit der Strafe zu nützen, auf den Häftling entsprechend einzuwirken, ihm den Unwert seiner Tat aufzuzeigen und gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass man – ein wesentlicher Teil unserer Betreuungsarbeit – in Österreich leben kann, ohne eine Straftat begehen zu müssen.

Der Gesetzgeber sieht im Strafrecht viele Alternativen vor.

Oberst Ing. Josef Gramm

NEUBAU IM NORDEN KLAGENFURTS
In den nächsten Jahren soll es in Klagenfurt zu einem Gefängnisneubau kommen. Wie ist der aktuelle Stand?
Das derzeitige Objekt stammt aus dem 19. Jahrhundert und lässt eine dringend notwendig gewordene Erweiterung nicht mehr zu. Wir können uns hier nicht ausbreiten, was für eine zeitgemäße Betreuung, Beschäftigung und Ausbildung der Menschen jedoch dringend erforderlich ist. Am Neubau führt kein Weg vorbei. Bei der Mitgestaltung war es mir sehr wichtig, mit dem Neubau – die Anlage soll nördlich des Flughafens entstehen – die Voraussetzungen für einen zeitgemäßen Strafvollzug zu schaffen. Wir rechnen bis Mitte kommenden Jahres mit einem positiven Baubescheid. Leider wurde auch dieses Projekt sozusagen Opfer der Teuerungswelle am Bau, wodurch mit Gesamtkosten von bis zu 170 Millionen Euro zu rechnen sein wird.

DER ERSTE TAG IM GEFÄNGNIS
Ich bin verurteilt und erscheine bei Ihnen zur Haftverbüßung. Wie läuft mein erster Tag ab?
Das ist in etwa wie bei der Aufnahme in einem Krankenhaus. Es werden die Personalien aufgenommen, in Erstgesprächen allfällige Probleme erörtert, es folgt eine ärztliche Untersuchung, dann wird der Klientin oder dem Klienten für die kommende Zeit ein Raum zugewiesen. Im Idealfall, also wenn jemand freiwillig erscheint und keine Fluchtgefahr besteht, kann ein gelockerter Vollzug ins Auge gefasst werden. Allerdings kommen auch Menschen, die in einem Substitionsprogramm stehen, also etwa Drogenprobleme haben. Hier gilt es, die betreffende Person zu stabilisieren. Das liegt in den Händen der Medizin und des Anstaltspsychiaters.

Am Gefängnis-Neubau führt kein Weg vorbei.

Oberst Ing. Josef Gramm

ALTERNATIVEN ZUR HAFTSTRAFE
„Strafe muss sein!“, heißt es. Oder könnte es Alternativen zur Haftstrafe geben – gemeinnützige Arbeit statt Gefängnis?
Der Gesetzgeber sieht im Strafrecht viele Alternativen vor, vor allem bei straffällig gewordenen Jugendlichen. Es geht dabei um Aus- und Weiterbildung, Beziehungsaufbau, Problemanalyse, die Rollen im sozialen Leben, Resozialisierung, familiäre und persönliche Beziehungen, auf das Unrecht der Tat hinzuweisen oder die Opferperspektive. Erst wenn alles nichts fruchtet, kommt es zur Freiheitsstrafe.

RUND 40 PERSONEN IN DER FUSSFESSEL
Schon seit etlichen Jahren gibt es in Österreich die Fußfessel. Welche Erfahrungen hat Ihre Anstalt damit gemacht?
Die Möglichkeit der elektronischen Aufsicht wird bei uns sehr stark genützt. Es macht ja Sinn. Natürlich müssen dabei bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, wie Arbeit, ein adäquates soziales Umfeld, Wohnraum, Familie, Angehörige. Deshalb wäre es ein Fehler, die Betroffenen aus ihren sozialen Settings herauszureißen und sie von ihrem gewohnten sozialen Umfeld zu entfremden. Zehn bis 15 Prozent, also etwa 40 Personen, sind bei uns, wie gesagt, in der Fußfessel. Das ist ein sehr hoher Anteil.

WERDEN MENSCHEN GEFÄHRLICHER?
Es heißt oft, das Gefängnis kann Menschen gefährlicher machen. Was antworten Sie darauf?
Ja, das stimmt. Ein Gefängnis kann Menschen gefährlicher machen – aber nur dann, wenn wir uns nicht um sie kümmern. Wenn wir sie sich selbst überlassen, kann das wegen negativer Einflüsse zu einer Eigendynamik führen. Deshalb ist es wichtig, für ihre Grundbedürfnisse über die nötigen Rahmenbedingungen zu verfügen, damit die Menschen im Strafvollzug Arbeit und Beschäftigung haben.

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