Der Schock sitzt immer noch tief. Das bislang Unvorstellbare hat sich ereignet. Bürgermeister Günther Albel fordert größere Polizeipräsenz und wieder einen Polizeiposten am Hauptbahnhof.
Villach ist nach dem Terroranschlag tief verwundet. Wird die Stadt in Zukunft auf solche Bedrohungen vorbereitet sein?
ALBEL: Ich glaube nicht, dass man auf die Wahnsinntat eines Einzelnen je vorbereitet sein kann. Der Täter hat sich ja, wie wir wissen, von allen Institutionen ferngehalten und sich alleine via Internet radikalisiert. Aber grundsätzlich sind meine Forderungen nach mehr Polizeipräsenz auf der Straße bekannt. Die Exekutive wird mit unsinniger Bürokratie zugemüllt und kann ihren Dienst auf der Straße nicht ausreichend erfüllen. Auch die Polizeiposten-Schließung am Hauptbahnhof war ein Fehler. Da fordere ich eine Dienststelle. Schließlich ist Villachs Hauptbahnhof ein internationaler Verkehrsknotenpunkt, der durch die Koralmbahn noch wichtiger wird. Auch über Videoüberwachung in bestimmten Zonen werden wir intensiv nachdenken müssen. Manchmal muss man ein kleines Stück Privatsphäre aufgeben, um ein großes Stück Sicherheit zu erhalten.
„VILLACH HÄLT ZUSAMMEN“
Wie wird die Stadt mit der Angst und dem Trauma umgehen, das durch dieses Attentat verursacht wurde?
Jeder Mensch hat seinen eigenen Mechanismus, um mit Trauer und Angst umzugehen. Wichtig ist, dass Villach zusammenhält und sich nicht auseinanderdividieren lässt. Sicher ist: Dieser feige Mord wird Teil des kollektiven Villacher Gedächtnisses bleiben. Trotzdem muss es für die Menschen, für die Stadt weitergehen. Gemeinsam wird Villach stark aus dieser Krise hervorkommen.
„ERWARTE EINE ASYL-OBERGRENZE“
Es braucht jetzt echte Antworten auf brennende Fragen. Wie ist angesichts des schrecklichen Messerattentats Ihre Erwartungshaltung gegenüber der Bundes- und Landespolitik?
Ich habe das in Interviews gesagt und auch in einem Brief an die Bundesregierung festgehalten. Ich erwarte eine Asyl-Obergrenze. In ein Fußballstadion für 10.000 Menschen lässt man auch nicht 20.000, um dann zu sehen, ob es funktioniert. Nur eine Obergrenze gibt die Chance, sowohl der einheimischen Bevölkerung Sicherheit zu geben als auch den zuziehenden Menschen eine faire Chance auf Integration. Dazu brauchen wir bessere Integrationsangebote und eine Verpflichtung zur Teilnahme. Zusätzlich fordere ich einen intensiven Kampf gegen Hassprediger auf Sozialen Medien. Da brauchen wir eine Firewall, zur Not müssen auch Plattformen gesperrt werden, die hier nicht mithelfen. Und ich fordere Möglichkeiten für die Exekutive, Messenger-Dienste im bestimmten Rahmen überwachen zu können, weil wir wissen, dass es hier Terror-Kommunikation gibt. Das wird kontroversiell diskutiert, ich weiß. Aber solange wir keine besseren Ideen haben, müssen wir eben diese Maßnahmen ergreifen.
„VERSAGEN DER BUNDESREGIERUNG“
Die teils stark gestiegenen Mietpreise sorgen und belasten die Menschen. Welche Möglichkeiten bieten sich der Stadt, die Betroffenen zu unterstützen?
Die hohen Mietpreise sind zu 100 Prozent auf das Versagen der Bundesregierung zurückzuführen, die Inflation in Österreich einzubremsen. Alle anderen Länder haben das besser geschafft. Als Stadt Villach sind unsere Möglichkeiten beschränkt. Was wir getan haben: Wir haben in den städtischen Wohnungen einen Mietpreisdeckel eingeführt und damit knapp 3000 Villacherinnen und Villacher vor der Inflation geschützt. Zusätzlich kämpfen wir um größere Kontingente geförderter Wohnungen – durchaus mit Erfolg.
VILLACHS HOHE KLIMAZIELE
Die Stadt Villach errichtet in Zauchen die erste Freiflächen-PV-Anlage. Welche Ziele sind damit verbunden?
Villach hat sich hohe Klimaziele gesteckt. Wir wollen unsere Emissionen so weit wie möglich nach unten drücken. Dafür brauchen wir Sonnenstrom. Bis zum Jahr 2030 wollen wir in Villach mehr Sonnenstrom produzieren, als alle städtischen Gebäude insgesamt verbrauchen – inklusive Eishalle. Dieses Ziel werden wir erreichen, auch durch Freiflächen-PV-Anlagen wie in Zauchen. Solche Anlagen sind nötig, weil es nicht annähernd genug Dachflächen gibt, um ausreichend Sonnenstrom zu produzieren.
Kindergärten und Nachmittagsbetreuung: Land und Bund ziehen sich zurück. Wer trägt die Kosten?
Dass sich Bund und Ländern von Betreuungsaufgaben finanziell zurückziehen, ist aus meiner Sicht ein schwerer Fehler. Man kann so eine wichtige Aufgabe nicht den Gemeinden allein überlassen. Unabhängig davon setzt Villach seit Jahren eine einzigartige Kindergarten-Offensive um: Wir eröffnen fast jedes Jahr einen neuen Kindergarten und sorgen so für Entlastung in den Familien. Das verstehe ich unter Familienpolitik. Bund und Ländern sind herzlich eingeladen, sich hier wieder stärker einzubringen.