Die Industriellenvereinigung fordert eine drastische Senkung der Kosten auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau. Im Interview mit Dr.in Claudia Mischensky, IV-Geschäftsführerin Landesgruppe Kärnten.
Was sind die Hauptaufgabenbereiche, Ziele und Arbeitsschwerpunkte?
CLAUDIA MISCHENSKY: Die Industriellenvereinigung ist eine freiwillige, parteipolitisch unabhängige Interessenvertretung, die Unternehmen aus der Industrie und industrienahen Bereichen unterstützt. Das zentrale Ziel der IV ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie zu stärken. Dementsprechend setzen wir uns dafür ein, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern, Innovationen zu fördern und nachhaltige Entwicklungen voranzutreiben.
„VERLIEREN AN WETTBEWERBSFÄHIGKEIT“
Was sind derzeit die größten Herausforderungen, mit denen die bundesweite, speziell die Kärntner Industriellenvereinigung befasst ist?
Das ist vor allem die aktuelle konjunkturelle Lage. Wir befinden uns weiterhin in einer Phase der Rezession. Und die jüngste Umfrage der IV Kärnten, an welcher 61 Kärntner Betriebe mit rund 22.000 Beschäftigten teilgenommen haben, liefert ein alarmierendes Bild. Mehr als die Hälfte der befragten Industriebetriebe geht davon aus, in den kommenden Monaten Mitarbeiter abbauen zu müssen. Während andere Weltregionen wachsen, verliert Österreich an Wettbewerbsfähigkeit. Wir müssen daher dringend Kosten senken, Bürokratie abbauen und Innovationen fördern.
EXPORT LEIDET AN ZU HOHEN KOSTEN
Woran wird aktuell gearbeitet, was will die IV noch heuer für ihre Mitglieder sozusagen abhaken?
Wir haben gerade erst unter dem Motto „NeuStartStaat“ ein umfassendes Maßnahmenpaket mit klaren Forderungen vorgestellt. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, sowohl kurzfristige Impulse zu setzen als auch langfristige Stabilität zu schaffen. Die österreichische Exportwirtschaft leidet aktuell an zu hohen Kosten für Bürokratie, Energie und Arbeit, die die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen maßgeblich beeinträchtigen. Daher braucht es eine drastische Senkung dieser Kosten auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau.
PENSIONEN DIE GRÖSSTE BAUSTELLE
Im dritten Rezessionsjahr: Was fordert die IV an Reformen, um einen nachhaltigen Weg aus der Rezession zu finden?
Die aktuell hohe Staatsverschuldung und steigende Sozialausgaben gefährden die Stabilität der Staatsfinanzen. Größte Baustelle ist dabei das Pensionssystem, aktuell verbaut es den nächsten Generationen die Zukunft. Bis 2050 wird unser Pensionssystem das Budget kumuliert mit einer Billion Euro belasten, wenn wir keine Reformen durchführen – Geld, das wir in Bildung, Infrastruktur und unsere Innovationskraft investieren könnten.
Im Zusammenhang mit Spitzenmanagern und ihren Einkommen läuft eine Neiddebatte. Was antwortet die IV darauf?
Die Neiddebatte wirkt sich negativ auf die Attraktivität des Standorts Österreich in Bezug auf Führungskräfte aus.
HANDEL – EIN WESENTLICHES STANDBEIN
Die IV befürwortet das EU-Mercosur-Freihandelsabkommen mit einigen südamerikanischen Ländern. Weshalb?
Faire Handelsabkommen mit Partnern in aller Welt sind seit jeher ein wesentliches Standbein unserer exportorientierten Wirtschaft. Angesichts der angespannten geopolitischen Lage sollten wir uns folglich nicht vor neuen Partnern verschließen. Ziel des Abkommens ist es, Zölle und andere Handelshemmnisse zwischen den starken Partnern abzubauen und so in beiden Märkten Wirtschaftswachstum, Arbeitsplatzsicherheit und Wohlstand zu steigern.
STABILE RAHMENBEDINGUNGEN NÖTIG
Welche politischen Maßnahmen wären Ihrer Meinung nach notwendig, um unsere Wirtschaft zu stabilisieren und zu fördern?
Standortsicherung durch wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen – Österreich muss im internationalen Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte attraktiv bleiben. Förderung von Innovation und Digitalisierung – um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, braucht es verstärkte Investitionen in Forschung, Entwicklung und Digitalisierung. Arbeitsmarktpolitik und Fachkräftesicherung – ein nachhaltiges Wachstum ist nur mit gut ausgebildeten Fachkräften möglich. Planungssicherheit – Unternehmen brauchen stabile politische Rahmenbedingungen und langfristig verlässliche Entscheidungen, um Investitionen zu tätigen.
FÜR EINEN VOLLZEITBONUS
Die Arbeitszeit ist ja ein Dauerthema. Wie lange sollte gearbeitet werden?
Aktuell arbeiten 30 Prozent der Beschäftigten in Österreich in Teilzeit. Das ist die zweithöchste Quote in der EU. Es braucht daher dringend eine Abflachung der Steuerprogression und die Einführung eines Vollzeitbonus, um die entsprechenden Anreize zu schaffen. Auch die tatsächlich geleistete Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten ist im internationalen Vergleich mit 37,6 Stunden gering und liegt im unteren Drittel der EU-Länder. Eine kleine Anpassung, wie 15 Minuten mehr Arbeit am Vormittag und am Nachmittag, sind aus Sicht der IV ein vertretbarer Beitrag.
Welche Trends sehen Sie in der Industrie, die in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen könnten?
Hier wird es insbesondere um die Themen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz gehen. Sie werden unsere Arbeitswelt in einem Ausmaß verändern, das wir heute noch gar nicht abschätzen können.