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Sonntag, 24. November 2024

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„Für Ernstfall vorbereitet
und handlungsbereit“

Der Wolf ist da – und mit ihm für die Almwirtschaft schier unüberwindliche Probleme. Im Interview mit Landesrat Martin Gruber über die heuer beschlossene Wolfsverordnung.

Im Almjahr 2021 sind kärntenweit nahezu 100 Nutztiere dem Wolf zum Opfer gefallen. Im Jänner wurde die Wolfsverordnung erlassen. Was soll nun mit dieser neuen Verordnung im Wesentlichen erreicht werden?
GRUBER: Es geht mir um den Schutz der Bevölkerung und der traditionellen Almwirtschaft. Das Tierleid und die Schäden, die durch die Wiederkehr des Wolfs verursacht wurden, haben letztes Jahr ein neues Ausmaß erreicht. Ich habe darauf mit den ersten Abschussbescheiden in Kärnten reagiert. Der gesamte Prozess bis zur Bescheiderstellung war allerdings sehr langwierig. Mit der Verordnung haben wir jetzt eine Möglichkeit, rascher einzugreifen.

NACH EU-RICHTLINIE
Nach welchen Kriterien findet die Verordnung ihre Anwendung?

Es können damit einzelne Problemwölfe, unter streng überwachten Bedingungen und im Einklang mit Artikel 16 der FFH-Richtlinie, also der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU, bejagt werden. Kern der Verordnung ist, dass wir damit sowohl Problemsituationen auf Almen als auch in Siedlungsgebieten und Tallagen berücksichtigen und regeln.

„FÜR DEN ERNSTFALL GUT VORBEREITET“
Es heißt, Wölfe sind angesichts der weitläufigen Almen sehr schwer zu bejagen. Glauben Sie, dass nunmehr die Wolfsproblematik in Kärnten tatsächlich in den Griff zu bekommen ist?
Mit der Verordnung sind wir für den Ernstfall jedenfalls gut vorbereitet und rasch handlungsbereit. Das Bild, das manche gerne erzeugen möchten, von einer friedlichen Koexistenz zwischen Wolf und Mensch, ist meiner Meinung nach ein Trugbild! Bereits das letzte Jahr hat uns klar die Gefahren, die Schäden und das Leid gezeigt. Deshalb braucht es diese Verordnung. Ich werde nicht tatenlos zusehen, bis sich die Situation auch in Kärnten verschlechtert.

SCHADWÖLFE UND RISIKOWÖLFE
In der Verordnung ist von Schadwölfen und Risikowölfen die Rede. Nach welchen Kriterien wird hier unterschieden?
Schadwölfe sind solche, die auf Almen Nutziere reißen. Als Risikowölfe gelten Tiere, die im Nahbereich von Siedlungen und Höfen in Tallagen auftauchen. Die Verordnung legt für die Almen genaue Risszahlen fest, die zu beachten sind, bevor ein Abschuss erlaubt ist. Im Siedlungsgebiet orientieren wir uns an einer 200-Meter-Distanz, die nicht unterschritten werden darf. Wenn ein Wolf hier, trotz Versuchen ihn zu vertreiben, zum Beispiel durch einen Schreckschuss, zurückkehrt, darf er entnommen werden, zum Schutz der Bevölkerung.

„AUF 1800 ALMEN NICHT DURCHFÜHRBAR“
Diskutiert wird immer wieder auch der Herdenschutz in Form von Zäunen oder Behirtung der Nutztiere. Wäre dies eventuell ein praktikabler Lösungsansatz?
Wir haben auch das anhand fachlicher Kriterien überprüfen lassen. Das Ergebnis war, dass auf knapp mehr als 1.800 bewirtschafteten Almen Herdenschutzmaßnahmen nicht durchführbar sind. Wenn einem Almbauern diese Maßnahmen mehr kosten würden, als die aufgetriebenen Tiere wert sind, dann ist das einfach nicht zumutbar.

„DRUCK AUF DIE ALMEN STEIGT“
Mit wie vielen Wölfen kann in Kärnten aktuell gerechnet werden?
Derzeit streifen bei uns vor allem Wölfe aus Italien und Slowenien durch. Dort wachsen die Populationen stark an, weshalb der Druck auch auf Kärntner Almen steigt. Aber wir haben derzeit keine eigene signifikante Wolfspopulation – und so soll es auch bleiben.

Landesrat Martin Gruber: „Das Bild von einer friedlichen Koexistenz zwischen Wolf und Mensch ist meiner Meinung nach ein Trugbild.“

FÜR JÄGER EINE SCHWIERIGE AUFGABE
Sie sind ja referatsmäßig auch für die Jägerei zuständig. Wie steht die Jägerschaft insgesamt zur Wolfsproblematik?
Die Kärntner Jägerschaft hat die Verordnung ausdrücklich begrüßt. Daher weiß ich, dass die Landwirtschaft und die Bevölkerung hier auf die Unterstützung der Jäger zählen können. Ich bin mir aber natürlich bewusst, dass das eine schwierige Aufgabe für die Jäger ist, nicht nur, weil es wenig Erfahrung mit der Bejagung von Wölfen in Kärnten gibt, sondern auch, weil sie mit Drohungen konfrontiert sind. Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass die Jägerschaft bereit ist, ihre Mitglieder für die Wolfsjagd zu schulen und sich dieser Herausforderung zu stellen.

„FRIEDLICHE KOEXISTENZ NICHT MÖGLICH“
Glauben Sie, dass eine längerfristige Lösung, also ein Zusammenleben mit dem Wolf, möglich sein könnte?
Kurz gesagt: Nein. Es gibt einen Grund, warum Wölfe jahrhundertelang bejagt wurden. Und es gibt einen Grund, warum andere Staaten mit größerem Wolfsvorkommen Abschüsse erlauben. Eine friedliche Koexistenz ist in einer dicht besiedelten Kulturlandschaft nicht möglich.

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Der Wolf ist da – und mit ihm für die Almwirtschaft schier unüberwindliche Probleme. Im Interview mit Landesrat Martin Gruber über die heuer beschlossene Wolfsverordnung.

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GRUBER: Es geht mir um den Schutz der Bevölkerung und der traditionellen Almwirtschaft. Das Tierleid und die Schäden, die durch die Wiederkehr des Wolfs verursacht wurden, haben letztes Jahr ein neues Ausmaß erreicht. Ich habe darauf mit den ersten Abschussbescheiden in Kärnten reagiert. Der gesamte Prozess bis zur Bescheiderstellung war allerdings sehr langwierig. Mit der Verordnung haben wir jetzt eine Möglichkeit, rascher einzugreifen.

NACH EU-RICHTLINIE
Nach welchen Kriterien findet die Verordnung ihre Anwendung?

Es können damit einzelne Problemwölfe, unter streng überwachten Bedingungen und im Einklang mit Artikel 16 der FFH-Richtlinie, also der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU, bejagt werden. Kern der Verordnung ist, dass wir damit sowohl Problemsituationen auf Almen als auch in Siedlungsgebieten und Tallagen berücksichtigen und regeln.

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Mit der Verordnung sind wir für den Ernstfall jedenfalls gut vorbereitet und rasch handlungsbereit. Das Bild, das manche gerne erzeugen möchten, von einer friedlichen Koexistenz zwischen Wolf und Mensch, ist meiner Meinung nach ein Trugbild! Bereits das letzte Jahr hat uns klar die Gefahren, die Schäden und das Leid gezeigt. Deshalb braucht es diese Verordnung. Ich werde nicht tatenlos zusehen, bis sich die Situation auch in Kärnten verschlechtert.

SCHADWÖLFE UND RISIKOWÖLFE
In der Verordnung ist von Schadwölfen und Risikowölfen die Rede. Nach welchen Kriterien wird hier unterschieden?
Schadwölfe sind solche, die auf Almen Nutziere reißen. Als Risikowölfe gelten Tiere, die im Nahbereich von Siedlungen und Höfen in Tallagen auftauchen. Die Verordnung legt für die Almen genaue Risszahlen fest, die zu beachten sind, bevor ein Abschuss erlaubt ist. Im Siedlungsgebiet orientieren wir uns an einer 200-Meter-Distanz, die nicht unterschritten werden darf. Wenn ein Wolf hier, trotz Versuchen ihn zu vertreiben, zum Beispiel durch einen Schreckschuss, zurückkehrt, darf er entnommen werden, zum Schutz der Bevölkerung.

„AUF 1800 ALMEN NICHT DURCHFÜHRBAR“
Diskutiert wird immer wieder auch der Herdenschutz in Form von Zäunen oder Behirtung der Nutztiere. Wäre dies eventuell ein praktikabler Lösungsansatz?
Wir haben auch das anhand fachlicher Kriterien überprüfen lassen. Das Ergebnis war, dass auf knapp mehr als 1.800 bewirtschafteten Almen Herdenschutzmaßnahmen nicht durchführbar sind. Wenn einem Almbauern diese Maßnahmen mehr kosten würden, als die aufgetriebenen Tiere wert sind, dann ist das einfach nicht zumutbar.

„DRUCK AUF DIE ALMEN STEIGT“
Mit wie vielen Wölfen kann in Kärnten aktuell gerechnet werden?
Derzeit streifen bei uns vor allem Wölfe aus Italien und Slowenien durch. Dort wachsen die Populationen stark an, weshalb der Druck auch auf Kärntner Almen steigt. Aber wir haben derzeit keine eigene signifikante Wolfspopulation – und so soll es auch bleiben.

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Die Kärntner Jägerschaft hat die Verordnung ausdrücklich begrüßt. Daher weiß ich, dass die Landwirtschaft und die Bevölkerung hier auf die Unterstützung der Jäger zählen können. Ich bin mir aber natürlich bewusst, dass das eine schwierige Aufgabe für die Jäger ist, nicht nur, weil es wenig Erfahrung mit der Bejagung von Wölfen in Kärnten gibt, sondern auch, weil sie mit Drohungen konfrontiert sind. Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass die Jägerschaft bereit ist, ihre Mitglieder für die Wolfsjagd zu schulen und sich dieser Herausforderung zu stellen.

„FRIEDLICHE KOEXISTENZ NICHT MÖGLICH“
Glauben Sie, dass eine längerfristige Lösung, also ein Zusammenleben mit dem Wolf, möglich sein könnte?
Kurz gesagt: Nein. Es gibt einen Grund, warum Wölfe jahrhundertelang bejagt wurden. Und es gibt einen Grund, warum andere Staaten mit größerem Wolfsvorkommen Abschüsse erlauben. Eine friedliche Koexistenz ist in einer dicht besiedelten Kulturlandschaft nicht möglich.

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