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Donnerstag, 31. Oktober 2024

Unabhängiges Stadt-Umland-Magazin

„Ich konnte gerade noch aus dem Truck hechten!“

Der Villacher René Gajsek erfüllt sich einen Lebenstraum und kutschiert in Kanada einen Riesen-Truck mit 700 PS. Es kann dort mitunter auch ziemlich gefährlich zugehen. Im Gespräch mit dem 32-Jährigen.

Herr Gajsek, wo erreichen wir Sie gerade?
GAJSEK: Hier in Regina, in der Region Saskatchewan, beim Entladen des Trucks. Es hat gerade an die minus 50 Grad. Schnee liegt heuer fast keiner. Es ist gerade dreiviertel elf. (Zeitunterschied: Sieben Stunden. Die Red.)

„HALLO, BIN DER RENÉ AUS ÖSTERREICH“
Sie leben seit 2019 in Kanada und arbeiten dort seit dem Vorjahr als Fernfahrer. Wie kam es dazu?
Das war ganz einfach. Im Internet habe ich nach einer kanadischen Firma gestöbert, die Lkw-Fahrer sucht. Habe dann kurzerhand dort angerufen und dem Chef gesagt: „Hallo, ich bin der René aus Österreich und möchte bei euch einen Truck übernehmen.“ Das war’s.

„DAS IST ECHT COOL“
Trucker in Amerika – haben Sie sich damit einen Lebens­traum erfüllt?
Ja, definitiv. Es ist super, wenn du eine gute Firma hast und von Kalifornien bis Texas unterwegs sein kannst. Das ist echt cool. Es ist aber nicht immer leicht. Wir in Europa haben eine solide Lkw-Ausbildung. Die gibt’s hier nicht, es reicht ein normaler Führerschein. Es können hier viele einfach nicht richtig einen Truck chauffieren. Da kommt es immer wieder zu brenzligen Situationen.

UNBEGRENZTEN AUFENTHALT
Welche Kriterien müssen eigentlich erfüllt werden, um eine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen?
Bei einem Sprachtest musst du eine gewisse Punktezahl erreichen. Dazu wird auch eine abgeschlossene Ausbildung verlangt, so wie ich als Elektriker. Außerdem ist es erforderlich, dass du schon eine gewisse Zeit in Kanada gelebt und gearbeitet hast. Das war bei mir zuerst ab 2019 mit der Zwei-Jahre-Aufenthaltsgenehmigung der Fall. Seit 2021 habe ich einen unbegrenzten Aufenthaltstitel.
Auf welcher Route sind Sie vorwiegend unterwegs, was transportieren Sie?
Wir fahren in Kanada eigentlich überall hin. Wir transportieren hauptsächlich Getreide, das wir zur Weiterverarbeitung von den Farmern abholen.

EINE SCHIESSEREI IN CHICAGO
Was ist besonders herausfordernd, wenn Sie mit Ihrer tonnenschweren Fracht weite Strecken über Land fahren?
Ich würde einmal sagen, hier musst du viel härter und mehr arbeiten als in Europa. In Kanada fahre ich 13 Stunden ohne Pause durch, mit 105 Meilen die Stunde. Das zerrt schon an den Nerven. Und gefährlich kann es auch werden. In Chicago, wo ich auf einem Parkplatz in der Fahrerkabine ruhte, hat mich gleich nebenan eine Schießerei aus dem Schlaf gerissen. Da wird einem schon anders. Also Städte wie Detroit, Chicago oder Gary, Indiana, versuche ich zu meiden.
Beschreiben Sie bitte Ihren Transporter – PS, Länge, Tonnen?
Ich fahre einen Kenworth w-900 mit 700 PS, bei einem Gesamtgewicht von durchschnittlich 63 Tonnen, davon 46 Tonnen Getreide. Der Truck misst etwa 26 Meter..

MITTEN IN EINER VERFOLGUNGSJAGD
Es tut sich bestimmt einiges, wenn Sie täglich auf den Highways unterwegs sind. Gab’s auch schon Brenzliges?
Ja, das kommt immer wieder vor. Einmal wurde ich rechts überholt, die Cops rasten links vorbei – eine Verfolgungsjagd. Eines Nachts ist mir der Truck niedergebrannt. Ich habe in der Kabine hinterm Vorhang gerade einen Netflix-Streifen angeschaut, als es plötzlich fürchterlich zu stinken begann. Das Armaturenbrett stand in Flammen. Da bin ich natürlich sofort aus dem Truck gehechtet. Das Fahrzeug war dann nur noch ausgebrannter Schrott.

Sehen Sie Ihre Lebenszukunft in Amerika oder können Sie sich vorstellen, in absehbarer Zeit wieder nach Hause zurückzukehren?
Dass ich auf Dauer wieder heim komme? Eher nicht. Auf Urlaub, ja, natürlich.

Pflegen Sie noch Kontakte in die Heimat – Familie, Freunde?
Ja, sicher, besonders über Facetime. Darüber hinaus können alle meine Touren über TikTok miterlebt werden. Mittlerweile habe ich schon gut 15.000 Follower. Da sind sehr, sehr viele Villacherinnen und Villacher dabei.

„IN KANADA IST ALLES ,RUSH‘“
Wenn Sie an Kärnten denken – was vermissen Sie in Kanada am meisten?
Die Kasnudeln natürlich, das geht mir schon ein bisschen ab. Wir Kärntner sind es gewohnt, in einem Lokal nach einem Essen noch zusammenzusitzen, zu ratschen, einen Kaffee zu trinken. Das fehlt mir auch. Das gibt’s hier nicht, in Kanada ist alles „rush“. Wenn du mit dem Essen fertig bist, folgt sofort die Rechnung. Das heißt so viel wie …

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Der Villacher René Gajsek erfüllt sich einen Lebenstraum und kutschiert in Kanada einen Riesen-Truck mit 700 PS. Es kann dort mitunter auch ziemlich gefährlich zugehen. Im Gespräch mit dem 32-Jährigen.

Herr Gajsek, wo erreichen wir Sie gerade?
GAJSEK: Hier in Regina, in der Region Saskatchewan, beim Entladen des Trucks. Es hat gerade an die minus 50 Grad. Schnee liegt heuer fast keiner. Es ist gerade dreiviertel elf. (Zeitunterschied: Sieben Stunden. Die Red.)

„HALLO, BIN DER RENÉ AUS ÖSTERREICH“
Sie leben seit 2019 in Kanada und arbeiten dort seit dem Vorjahr als Fernfahrer. Wie kam es dazu?
Das war ganz einfach. Im Internet habe ich nach einer kanadischen Firma gestöbert, die Lkw-Fahrer sucht. Habe dann kurzerhand dort angerufen und dem Chef gesagt: „Hallo, ich bin der René aus Österreich und möchte bei euch einen Truck übernehmen.“ Das war’s.

„DAS IST ECHT COOL“
Trucker in Amerika – haben Sie sich damit einen Lebens­traum erfüllt?
Ja, definitiv. Es ist super, wenn du eine gute Firma hast und von Kalifornien bis Texas unterwegs sein kannst. Das ist echt cool. Es ist aber nicht immer leicht. Wir in Europa haben eine solide Lkw-Ausbildung. Die gibt’s hier nicht, es reicht ein normaler Führerschein. Es können hier viele einfach nicht richtig einen Truck chauffieren. Da kommt es immer wieder zu brenzligen Situationen.

UNBEGRENZTEN AUFENTHALT
Welche Kriterien müssen eigentlich erfüllt werden, um eine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen?
Bei einem Sprachtest musst du eine gewisse Punktezahl erreichen. Dazu wird auch eine abgeschlossene Ausbildung verlangt, so wie ich als Elektriker. Außerdem ist es erforderlich, dass du schon eine gewisse Zeit in Kanada gelebt und gearbeitet hast. Das war bei mir zuerst ab 2019 mit der Zwei-Jahre-Aufenthaltsgenehmigung der Fall. Seit 2021 habe ich einen unbegrenzten Aufenthaltstitel.
Auf welcher Route sind Sie vorwiegend unterwegs, was transportieren Sie?
Wir fahren in Kanada eigentlich überall hin. Wir transportieren hauptsächlich Getreide, das wir zur Weiterverarbeitung von den Farmern abholen.

EINE SCHIESSEREI IN CHICAGO
Was ist besonders herausfordernd, wenn Sie mit Ihrer tonnenschweren Fracht weite Strecken über Land fahren?
Ich würde einmal sagen, hier musst du viel härter und mehr arbeiten als in Europa. In Kanada fahre ich 13 Stunden ohne Pause durch, mit 105 Meilen die Stunde. Das zerrt schon an den Nerven. Und gefährlich kann es auch werden. In Chicago, wo ich auf einem Parkplatz in der Fahrerkabine ruhte, hat mich gleich nebenan eine Schießerei aus dem Schlaf gerissen. Da wird einem schon anders. Also Städte wie Detroit, Chicago oder Gary, Indiana, versuche ich zu meiden.
Beschreiben Sie bitte Ihren Transporter – PS, Länge, Tonnen?
Ich fahre einen Kenworth w-900 mit 700 PS, bei einem Gesamtgewicht von durchschnittlich 63 Tonnen, davon 46 Tonnen Getreide. Der Truck misst etwa 26 Meter..

MITTEN IN EINER VERFOLGUNGSJAGD
Es tut sich bestimmt einiges, wenn Sie täglich auf den Highways unterwegs sind. Gab’s auch schon Brenzliges?
Ja, das kommt immer wieder vor. Einmal wurde ich rechts überholt, die Cops rasten links vorbei – eine Verfolgungsjagd. Eines Nachts ist mir der Truck niedergebrannt. Ich habe in der Kabine hinterm Vorhang gerade einen Netflix-Streifen angeschaut, als es plötzlich fürchterlich zu stinken begann. Das Armaturenbrett stand in Flammen. Da bin ich natürlich sofort aus dem Truck gehechtet. Das Fahrzeug war dann nur noch ausgebrannter Schrott.

Sehen Sie Ihre Lebenszukunft in Amerika oder können Sie sich vorstellen, in absehbarer Zeit wieder nach Hause zurückzukehren?
Dass ich auf Dauer wieder heim komme? Eher nicht. Auf Urlaub, ja, natürlich.

Pflegen Sie noch Kontakte in die Heimat – Familie, Freunde?
Ja, sicher, besonders über Facetime. Darüber hinaus können alle meine Touren über TikTok miterlebt werden. Mittlerweile habe ich schon gut 15.000 Follower. Da sind sehr, sehr viele Villacherinnen und Villacher dabei.

„IN KANADA IST ALLES ,RUSH‘“
Wenn Sie an Kärnten denken – was vermissen Sie in Kanada am meisten?
Die Kasnudeln natürlich, das geht mir schon ein bisschen ab. Wir Kärntner sind es gewohnt, in einem Lokal nach einem Essen noch zusammenzusitzen, zu ratschen, einen Kaffee zu trinken. Das fehlt mir auch. Das gibt’s hier nicht, in Kanada ist alles „rush“. Wenn du mit dem Essen fertig bist, folgt sofort die Rechnung. Das heißt so viel wie …

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