Er ist Kärntens erfolgreichster Extrembergsteiger. Der 54-jährige gebürtige Metnitztaler Hans Wenzl blickt auf zehn bestiegene Achttausender zurück, ohne auch nur den geringsten Schaden davongetragen zu haben. Das Erstaunliche: Für keine einzige Besteigung wollte er auf zusätzlichen Sauerstoff zurückgreifen.
Wenn man sein Alter schätzen müsste, würde man ihm keine 40 geben. So jung wirkt er, so lebendig. Hans Wenzl, Vater zweier erwachsener Söhne, Ehemann und Großvater eines Enkelkindes, ist Kärntens erfolgreichster Bergsteiger. Und diesen inoffiziellen Titel trägt er zu recht. Er hat nicht nur zehn Achttausender unversehrt bezwungen, sondern auch ohne zusätzlichen Sauerstoff, wie er erzählt.
„AUF ENGSTEM RAUM“
„Je höher man kommt, desto mehr Probleme gibt es mit der Luft. Da spielt aber noch viel mehr mit rein, das mitentscheidet, ob man es bis zum Gipfel schafft. Für mich waren die größten Herausforderungen die Abgeschiedenheit, die eiskalten Nächte bei bis zu minus 25 Grad, auf engstem Raum mit Menschen, die man nicht kennt. Dazu kommt die mangelnde Hygiene. Alles Dinge, die du aushalten musst. Da ist das Bergsteigen selbst vielleicht die kleinste Hürde.“
„DAS WAR MEIN GLÜCK!“
Oft war es knapp, erinnert sich Hans Wenzel, er selbst habe einige seiner Bergsteigerkollegen verloren. Einmal ging er zeitgleich mit zwei Kollegen vom Lager Nummer vier des Annapurna los. Wenzl war etwas schneller unterwegs und zwei Stunden früher am Gipfel. Demnach ging es für ihn auch früher wieder runter: „Das war mein Glück. Die anderen zwei Kollegen kamen in eine Schlechtwetterfront. Sie erlitten schwerste Erfrierungen, teilweise verloren sie Hände und Füße.“
ER WOLLTE ES DANN GENAU WISSEN
Seine Söhne waren von klein auf mit dabei, oft sind sie zu viert mit dem Onkel marschiert. An der Motivation ist es nie gescheitert und für die Kinder war es eine sehr prägende Zeit. Patrick Wenzls Traum ist es, auch einmal eine Expedition mit seinem Vater zu erleben. Hans Wenzl bestieg selbst erst mit Ende zwanzig, gemeinsam mit seinem Bruder, einen Dreitausender.
„ARBEITE VOLLZEIT ALS POLIER“
„Einige wundern sich auch immer wieder, wie man diese Touren schaffen kann, wo einem doch nicht so viel Zeit zum Trainieren bleibt. Ich arbeite Vollzeit als Polier, und das schon seit Jahrzehnten. Das sind ganz andere Voraussetzungen als beispielsweise für jemanden, der dies hauptberuflich betreibt. Ich gehe zum Beispiel um fünf Uhr früh laufen und um sieben beginnt meine Arbeit. Das muss man dann schon wollen.“
„NIE EINE OPTION“
Warum er aber nie einen Sauerstoff wollte, erklärt er uns so: „Es ist einfach ein anderes Gefühl, den Gipfel eines Achttausenders ohne Hilfsmittel zu erreichen. Du kannst noch so trainiert oder mental stark sein, du brauchst einfach immer eine gute Portion Glück. Er verstehe jeden, der mithilfe von zusätzlichem Sauerstoff Sicherheit haben möchte, aber für ihn selbst war das einfach nie eine Option.
KNAPP DEM TOD ENTRONNEN
2012, als die große Lawine am Manaslu – ein weiterer Achttausender des Himalaya – mehrere Tote forderte, entrann er selbst nur knapp dem Tod. Wenzl hatte den Entschluss gefasst, nicht am Gipfel zu schlafen, sondern ins Basislager zurückzukehren. Einfach eine andere Entscheidung zu treffen, bedeutete in diesem Fall, zu leben oder zu sterben. Eines der Hochgefühle erlebte er im Jahr 2017, als er ganz alleine am höchsten Berg der Welt stand, dem Mount Everest.
NOCH VIER SIND VERBLIEBEN
Stolz sei er auf seine Söhne Daniel und Patrick, und diese seien auch stolz auf ihren Vater. Vor 25 Jahren war die Kommunikation noch eine andere, oft vergingen viele Tage, bis ein Lebenszeichen vom Vater nachhause kam. Heute ist man durch die GPS-Signale quasi permanent auf dem Laufenden. Ob Hans Wenzl noch einen der vier verbliebenen Achttausender zur Gänze besteigen werde, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht mehr ganz oben auf seiner To-do-Liste. Außerdem wolle er Sohn Patrick bei der erfolgreichen Führung seines Unternehmens HAWE-Bau weiterhin zur Seite stehen. Die beiden stehen sich sehr nahe, fast täglich würden sie sich austauschen, wie Hans Wenzl erzählt:„Dass Patrick den Weg der Selbstständigkeit gehen würde, war für mich immer klar. Er bringt das ganze Rüstzeug mit, das man dafür braucht, hat sich selbst von ganz unten nach ganz oben gearbeitet und ist bestens ausgebildet.“
Text: Jara Media